Ghosting – was tun wenn dein Kunde abtaucht?

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    • Thomas Bottin

Bist du schon einmal von einem Kunden geghostet worden? Richtig fies ignoriert worden. Keine Antworten mehr auf deine Telefonate oder Mails. Ja? Keine Sorge, du bist in guter Gesellschaft. Denn das hat wahrscheinlich jeder Vertriebler schon ein oder mehrmals erlebt.

Ich will mit dir heute einmal die richtigen und die falschen Reaktionen auf Ghosting besprechen und wie du die Wahrscheinlichkeit, dass dein Kunde ins Dunkel abtaucht, minimierst.

Was ist Ghosting im Vertrieb?

Ghosting ist wie früher bei der Sozialakquise. Du gibst deiner Angebeteten ein kleines Zettelchen. Darauf steht: "Willst du mit mir gehen? Ja, Nein, Vielleicht" und du bekommst nie eine Antwort. Das ist Ghosting.

Ursprünglich kommt Ghosting tatsächlich aus dem Online-Dating.

Im Vertrieb bedeutet Ghosting genau dasselbe: dein potentieller Kunde meldet sich nach einer Interaktion mit dir nicht mehr zurück, ist nicht mehr erreichbar, gibt kein Lebenszeichen mehr von sich.

2 typische Reaktionen auf Ghosting im Vertrieb

Was macht man dann am besten? Ich nenne dir einmal zwei typische und eine richtige Reaktion.

  • Die erste typische Reaktion auf Ghosting ist Trauer: Uhuhu, mein Kunde meldet sich nicht mehr zurück – mimimini ich bin so verletzt. Ich glaube ich brauch erst mal einen Cappuchino, Soja-Latte, entkoffeiniert aber Togo weil ich jetzt dringend irgendwo hin muss wo man mich akzeptiert und respektiert.

Verständlich, aber nicht zielführend. Kennst du Dan Pena? Der würde sagen: Alles kleine Snowflakes.

  • Eine andere Snowflake-Reaktion ist Wut. Nach dem Motto: „Dieser blöde www Typ, was fällt dem ein, den blocke ich jetzt überall und schreib ihm noch ne miese Bewertung auf Google – aber nicht mit meinem echten Namen – hahaha.“
Aber die einzig wahre Reaktion auf Ghosting fängt mit einer ganz bestimmten Einsicht an. Sie lautet: Vielleicht habe ich etwas falsch gemacht?

Denn wem du die Schuld gibst, gibst du die Macht. Das ist eine echte Weisheit. Denk mal drüber nach!

Wer ist schuld? - Eine Studie

Welche Gründe geben Vertriebler an, wenn sie von Kunden geghostet werden?

Eine Studie von der Firma Showpad

Die Hitliste der Gründe sieht so aus:

  • Der Neugeschäftskontakt ist zu beschäftigt mit anderen Prioritäten (38 Prozent)
  • Die Vorteile des Produkts wurden nicht verstanden (28 Prozent)
  • Die Entscheidung für einen Konkurrenten (27 Prozent)
  • Eine schlechte "Chemie" (24 Prozent)
  • Verlorenes Interesse (25 Prozent)

Was haben diese Gründe gemeinsam?

Wenn du dir die Gründe einmal näher anschaust. Was haben die alle gemeinsam?

Der gemeinsame Nenner dieser Gründe ist, dass sie alle außerhalb des Einflussbereiches des Vertrieblers liegen.

Das ist zwar ein sehr angenehmer Erklärungsstil und er sorgt mit Sicherheit dafür, dass man sich besser fühlt, wenn man sich die Welt so erklärt, aber es geht nicht nur um Gefühle – sondern es geht manchmal auch um Umsatz.

Und wer Umsatz machen will, der zeigt nicht mit dem Finger auf den Kunden, sondern gibt sich selbst die Schuld. Warum? 

Wem du die Schuld gibst, dem gibst du die Macht! Und nur so kannst du etwas lernen.


Du vereinbarst mit dem Kunden, dass er sich im Laufe der nächsten Woche bei dir melden wird. Die Woche kommt, aber wer meldet sich nicht? Richtig, der Kunde. Wer ist schuld? Richtig: du selbst!

Du schickst dem Kunden ein Angebot. Er lässt nie wieder etwas von sich hören. Wer ist schuld? Du bist schuld.

Da wir jetzt hinlänglich geklärt haben wer schuld ist, lass uns mal überlegen, was wir daraus lernen können.

Wir machen mal ein kleines Ghosting-Quiz. Ich erzähle dir mal ein paar typische Fälle und du überlegst, was man daraus lernen kann:

Typische Ghosting-Fallen

Das Alibi-Angebot

Ein potentieller Kunde will möglichst schnell ein Angebot haben – möglichst gleich. Ich lass alles stehen und liegen, schreibe das Angebot, sende es ab und höre nie wieder etwas von dem Kunden. Anrufe und Mails bleiben unbeantwortet.

Was lernen wir daraus? Keine Angebotsschnellschüsse! Du lebst nicht von Angeboten, du lebst von Aufträgen. Manche Firmen schreiben vor, dass mindestens zwei oder drei Angebote vor einer Entscheidung eingeholt werden müssen. Wer superschnell ein Angebot braucht, braucht wahrscheinlich dringend ein Alibi-Angebot um in Wirklichkeit deinen Konkurrenten zu beauftragen. Sei also neugierig und kläre ab, warum das Angebot so schnell gebraucht wird. Welche Angebotsvorgaben von Unternehmen verlangt werden. Und ähnliche Dinge.

Die Poststelle

Ich führe in Erstgespräch mit einem Kunden. Der Kunde möchte am Ende Unterlagen zugesendet bekommen und meldet sich dann. Ich schicke brave Unterlagen zu, aber der Kunde meldet sich einfach nicht. Ich hake nach und werde geghostet.

Was lernen wir daraus? Verschick keine Unterlagen, du bist schließlich nicht die Post. Wer glaubt Unterlagen sind der Schlüssel zum Auftrag, glaubt wahrscheinlich auch das „Sehe ich dick aus in diesem Kleid“ eine echte Frage ist. Meinetwegen kannst du Unterlagen schicken, soviel du willst, aber gib nie die Kontakthoheit aus der Hand. Wenn sich einer meldet, dann bist du das und mache niemals Wischi-Waschi-Termine alá „im Laufe der nächsten Woche“.

Wenn der Kunde nicht bereit ist mit dir einen konkreten – im Kalender eingetragenen – Follow-up-Termin zu machen, dann ist das ein Zeichen. Nämlich dafür, dass du nicht genug Commitment vom Kunden hast.

Komm, nächstes Quiz!

Das One-Hit-Wonder

Ich habe mit dem Kunden vereinbart, dass er sich noch mit seiner Frau besprechen will und sich am Mittwoch bis 12 Uhr per WhatsApp bei mir meldet.  Es ist Mittwoch 17:30 Uhr und der Kunde hat sich nicht gemeldet. Ich schicke eine WhatsApp. Ich weiß, dass er Sie bekommen hat, aber er antwortet mir nicht. Auch nicht am nächsten Tag. Ich finde den Kunden unverschämt, anmaßend und unhöflich und blockiere ihn bei WhatsApp.

Was lernen wir daraus?

Ein Follow-up-Prozess besteht nicht nur aus einer WhatsApp und einem Anruf. Das ist kein Prozess, dass ist Arbeitsverweigerung.

Wie lange solltest du Follow-up machen?

Wenn du bereits einen ausführlicheren Kontakt mit dem Kunden hattest dann lautet die Antwort: ewig - zumindest bis er sich meldet. Natürlich rufst du nicht stumpf jeden Tag an, sondern baust dir einen sinnvollen Follow-up-Prozess. Ich habe darüber ja auch schon einmal eine Podcast-Folge gemacht.

Wie kann ein Follow-up-Prozess aussehen?

Du lässt den Abstand zwischen den Follow-up-Terminen immer größer werden, bist du  z.B. schließlich bei einem quartärlichen Reminder angekommen bist. Du nutzt unterschiedliche Nachrichten und unterschiedliche Zugangswege – Telefon, Mail, Linkedin, WhatsApp etc.

Wenn du den Kunden im ersten Gespräch gefragt hast, was sein bevorzugter Zugangsweg ist, dann kannst du das für deinen Prozess natürlich nutzen. Nachrichten per Mail, SMS und Linkedin lassen sich übrigens hervorragend automatisieren. So könntest du dein Follow-up nach der ersten Woche z.B. automatisieren und auslagern. Ist doch superpraktisch.

Fazit: Ghost – keine Nachricht von Sam

Wir halten mal fest. Das du von irgendeinem Kunden geghosted wirst, ist vielleicht nicht 100%ig zu vermeiden. Aber du kannst die Wahrscheinlichkeit durch die richtigen verkäuferischen Vorgehensweisen enorm reduzieren:

  • Beende nie ein Kundengespräch ohne einen konkreten Termin.
  • Gib nie die Kontakthoheit ab.
  • Frage den Kunden immer nach seinem bevorzugten Kommunikationsweg.
  • Sei wachsam bei Alibi-Angeboten.
  • Baue dir einen langlebigen, dauerhaften Follow-up-Prozess.
  • Nimms nicht persönlich.

Das ist wie bei IKEA im Kinderparadies, wenn du die Durchsage hörst: „Der Kleine ‚Verpiss-dich-du-Opfer!‘ möchte aus dem Kinderparadies abgeholt werden.“