Darf ich dir gleich zu Anfang eine Weisheit aus dem Verkauf mitgeben, die ich über die Jahre langsam, aber stetig kultiviert habe. Sie lautet: Es ist im Verkauf wesentlich besser, akzeptiert und respektiert zu werden, als nur gemocht zu werden. In diesem Artikel zeige ich dir, wie du durch das gezielt Ausnutzen von kognitiver Dissonanz zu einem wertvollen Gesprächspartner für deine Kunden wirst.

Das Game-Changer Mind-Set im Verkauf

Dieser Satz hat durchaus das Potenzial, ein Game-Changer für dich zu sein. Denn es gibt da draußen viel zu viele Verkäufer, die sich darum bemühen gemocht zu werden und in diesem Bemühen mit voller Wucht in die Harmonie-Falle laufen:

Everybody´s darling is everybody´s Depp.

Getreu dem Motto: Wer kriecht, stolpert nicht.

Bloß eines ist auch klar: Wer immer darauf achtet, dass alle ihn nur ja mögen, der vermeidet es anzuecken. Aber die besten Verkäufer sind in der Regel die, die anecken. Die, an die man sich erinnert, weil sie ein Gespräch nicht immer zu 100 % in der Komfortzone führen. Das heißt, im Verkauf musst du auch einmal in der Lage sein, unangenehme Wahrheiten auszusprechen und deine Kunden mit ihren aktuellen Herausforderungen und Problemen unbarmherzig zu konfrontieren. Das bedeutet jetzt nicht, dass du unfreundlich sein sollst. Das heißt nur, dass du nicht – aus falsch verstandener Freundlichkeit – dort schweigst, wo du besser konfrontieren solltest.

„Nicht jeder der dich anscheißt ist dein Feind“

Ich lese abends immer meinem jüngsten Sohn eine Geschichte vor. Im Moment haben wir ein Märchenbuch, bei dem nach jeder Geschichte noch einmal die Moral der Geschichte deutlich gemacht wird. Das ist echt gut. Deswegen will ich dir in unserem Zusammenhang auch einmal eine kleine Geschichte mit einer Moral vorstellen.

Du kennst ja vielleicht die Geschichte von der Maus, die auf der Flucht vor der Katze in den Kuhstall rennt. Und wie sie da so hektisch rumflitzt und verzweifelt nach einem Versteck sucht, sagt plötzlich eine Kuh: Stell dich mal hinter mich. Dann hebt sie den Schwanz und platsch, lässt sie einen riesigen Haufen auf die Maus fallen. In dem Moment kommt die Katze in den Stall. Guckt aufmerksam rum und geht dann zielstrebig zu dem Kuhfladen, aus dem in der Mitte der Schwanz der Maus noch rausguckt. Sie zieht die Maus aus dem Kuhfladen, wäscht sie ab und frisst sie. Und die Moral von der Geschichte? Nicht jeder der dich anscheißt ist dein Feind und nicht jeder, der dich aus der Scheiße zieht, ist dein Freund.

Du musst „Kognitive Dissonanz“ gezielt adressieren

Es geht beim Konfrontieren nämlich nicht darum, einfach nur sinnlos anzuecken. Es geht darum richtig anzuecken, zielführend anzuecken und vor allem hilfreich anzuecken. Und genau für dieses richtige Anecken gibt es eine hervorragendes Gedankenmodell von Leon Festinger: die Theorie der kognitiven Dissonanz. Denn wenn du das Spiel mit der kognitiven Dissonanz gekonnt spielen kannst, dann wirst du ein wertvoller Gesprächspartner für deine Kunden.

Was ist kognitive Dissonanz? Kognitive Dissonanz ist ein, als unangenehm empfundener, Gefühlszustand der entsteht, wenn man mehrere Kognitionen hat, die nicht miteinander vereinbar sind. Eine Kognition ist grob gesagt jede (verarbeitete) Information/Einstellung/Wertehaltung, die wir im Kopf haben.

Beispiel zur kognitiven Dissonanz

Das hört sich jetzt natürlich erst einmal sehr theoretisch an, ist aber mit einem kleinen Beispiel schnell auf den Boden der Praxis zurückholbar. Nehmen wir einmal als Beispiel an, du verkaufst CRM-Systeme, das ist eine Software, um Kundeninformationen zu verarbeiten. Jetzt bist du mitten in einem Gespräch mit einem potentiellen Kunden und dieser Kunde sagt zu dir:

„Ja, mir ist schon klar, dass wir ein CRM-System brauchen, aber meine Leute würden es ohnehin nicht führen.“

Dass ist eine typische kognitive Dissonanz: Der Kunde weiß, dass er ein CRM-System braucht. Hat aber keines. Das erzeugt jetzt eine innere Spannung, eine innere Zerrissenheit in ihm. Die gilt es jetzt aufzulösen. Die beste Lösung wäre natürlich, einfach ein CRM-System einzuführen und einen Weg zu finden, die Mitarbeiter diesbezüglich in die Verantwortung zu nehmen. Aber dein Kunde hat sich an dieser Stelle nicht für den richtigen Weg, sondern lediglich für einen Ausweg aus der kognitiven Dissonanz entschieden. Ich weiß ich brauch ein CRM-System. Ich weiß auch, dass ich keins habe. Und jetzt kommt der Ausweg: Ich muss aber keins anschaffen, weil es eh nicht genutzt wird. Und damit bin ich aus dieser ungemütlichen Spannungssituation heraus.

Aber wir alle wissen, weggucken macht mich nicht unsichtbar. Und der Schlüssel zur Konfrontation liegt nicht darin gemeinsam einen möglichst harmonischen Weg zu finden, wie alle Mitarbeiter begeistert ihre Eintragung ins CRM machen, sondern der Schlüssel für eine zielführende Konfrontation liegt darin, den Finger genau auf den Punkt zu drücken, wo es weh tut. Nämlich bei der Erkenntnis ich brauche ein CRM und habe keins.

Jede andere Argumentation bedeutet, dass du an den Symptomen aber nicht an den Ursachen arbeitest.

So sprichst du kognitive Dissonanz an

Grundsätzlich gilt: je stärker der Widerspruch, desto größer ist die Erregung. Flüchte dich also mit deinem Kunden nicht in die Harmonie-Falle, nimm nicht den Weg des geringsten Widerstandes, sondern pack den Stier bei den Hörnern und konfrontiere den Kunden mit dem Widerspruch in seiner Aussage. Oliver Kahn würde sagen: Eier, wir brauchen Eier.

Wie hört sich das Konfrontieren im Verkaufsgespräch jetzt an? Ich mache dir einmal ein Beispiel:

„Herr Kunde, wenn wir mal Ihre Mitarbeiter für einen Augenblick außen vor lassen und uns wirklich nur auf die reinen unternehmerischen Notwendigkeiten fokussieren, wo stehen wir dann? Wir sind dann an einem Punkt wo Sie sagen: ich weiß ich brauche ein CRM um einen zukunftsfähigen Vertrieb zu führen, aber ich will mich damit im Moment gar nicht wirklich auseinandersetzen. Helfen Sie mir, das zu verstehen. Wie passt das zusammen? „

Indem du diesen Widerspruch deutlich herausarbeitest, löst du die kognitive Dissonanz nicht auf, sondern verstärkst sie. Bisher hat der Kunde mit seiner „die Mitarbeiter wollen das nicht“-Ausrede eine schnelle Hintertür gefunden, um sich mit der Brisanz seines Problems nicht auseinandersetzen zu müssen. Gleichzeitig weiß er aber, dass es fahrlässig wäre nicht zu handeln. Er verhält sich also wie einer der aus dem zehnten Stockwerk springt und im freien Fall bei Stockwerk drei sagt: super, bis jetzt ist ja alles gut gegangen. Wenn er nicht bald aufwacht, die Reißleine seines Fallschirms zieht, dann ist klar was passieren wird.

Werde zum Klärungshelfer deines Kunden

In dem du mit deinem Kunden in die Konfrontation gehst, fungierst du quasi als Klärungshelfer. Du siehst nicht tatenlos zu, wie sich dein Kunde vor deinen Augen blindlings ins Verderben stürzt, sondern du hilfst ihm, sich zur rechten Zeit der Situation zu stellen. Alles andere wäre unterlassene Hilfeleistung. Und genau das muss auch dein Mind-Set beim Konfrontieren sein. Du bist der Klärungshelfer mit einer guten Absicht. Es geht nicht darum mit irgendwelchen wilden, mentalen Brandstiftungstechniken für Unruhe zu sorgen, sondern es geht darum gemeinsam mit einem klaren Kopf abzuwägen, was die richtigen nächsten Schritte sind.

Abschließend möchte ich dir noch einen Satz mitgeben, über den es sich lohnt nachzudenken. Bist du bereit? Kunden verschwinden, wenn du ihnen zu viel Harmonie bietest.