Mikromimiken – der Geheimcode in unserem Gesicht

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Hier schreibt Thomas Bottin aus über 20 Jahren Vertriebserfahrung – direkt und praxisnah.

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Mikromimiken – der Geheimcode in unserem Gesicht

Wer in Verkaufs- und Verhandlungssituationen treffsicher die Gefühle des Gegenüber lesen kann, der ist klar im Vorteil. Wer diesen Vorteil für sich nutzen will, und dabei nichts dem Zufall überlassen möchten, der sollte sich einmal um das Thema Mikromimiken kümmern. Mikromimiken oder Microepressions verraten nämlich was dein Gegenüber gerade wirklich fühlt.

  • 01:20 Paul Ekman – die 7 Mikromimiken
  • 00:30 Was verraten Mikromimiken
  • 03:20 Mimikexperten an Flughäfen
  • 04:12 Beispiel: Mikromimik „Abscheu“
  • 06:37 Beispiel: Preisnennung und Mikromimik „Zuversicht“
  • 07:16 Vorsicht – Trainiere deine Wahrnehmung in eher „unwichtigen“ Gesprächen

Stell dir nur mal vor, du könntest im Verkaufsgespräch erkennen, dass der Kunde z.B. nicht zu 100% deiner Meinung ist, oder du kannst in einer Verhandlungssituation nur anhand der Mimik deines Verhandlungspartners erkennen, dass er den von dir vorgeschlagenen Preis attraktiv findet. Was wäre dann alles möglich, oder?

Wenn du das genauso faszinierend findest wie ich, dann möchte ich dir hier einmal die Ergebnisse von Prof. Dr. Paul Ekman vorstellen, dem führenden Experten auf dem Gebiet der sogenannten Microexpressions.

Mikromimiken – das System von Paul Ekman

Paul Ekman entwickelte ein System aus sieben universelle Ausdrücke die sich als sogenannte Mikromimiken in den Gesichtern von uns Menschen zeigen. Mikromimiken sind flüchtige Gesichtsausdrücke, die nur einen Bruchteil einer Sekunde sichtbar sind. Sie treten immer dann auf, wenn eine Person vorsätzlich oder unbewusst ein Gefühl verbirgt. Die sieben Ausdrücke sind: Zorn, Angst, Traurigkeit, Ekel, Verachtung, Überraschung und Freude. Und das geniale daran ist: Jeder kann lernen, die bei seinem Gegenüber gezielt zu entdecken.

Mikromimiken von Hollywood bis zum Flughafen

Es gibt über diese Phänomen Mikormimken ja sogar eine komplette Serie. Die heißt „Lie to me“, also übersetzt „Lüg mich an“. Und den Stoff zu dieser Serie liefert Paul Ekmann mit seinen Erkenntnissen. Und in der Serie kannst du sehr schön sehen, was es alles bei deinem Gegenüber zu entdecken gibt. Natürlich ist in der Serie dann ein bisschen Hollywood drin, aber das ist ja nicht schlimm. Aber auch im realen Leben werden Mikromimiken von geübten Beobachtern gescannt, z.B. am Bostoner Flughafen. Da ist das Flughafenpersonal speziell geschult und stützt sich auf die sogenannte Mikromimik um Schmuggler zu enttarnen. Der Fachausdruck für das Verfahren heißt: Facial Action Coding System (FACS). Das hört sich schon wieder an wie eine neue Serie mit Chuck Norris.

Stop-Mimiken erkennen und zurückspiegeln

Von vielen Verkäufern und Verhandlern wird die Mimik als Informationsquelle aber immer noch vernachlässigt.

Nimm z.B. einmal die Mikromimik „Ekel oder Abscheu“. Da rümpft der Gegenüber die Nase und zieht die Oberlippe hoch. Das kann auch einseitig passieren und ist – wie immer bei Mikromimiken – nur ein Huschen über das Gesicht. Einem ungeübten Beobachter fällt so etwas gar nicht bewusst auf. Wenn du diese Mimik erkennst, dann weißt du irgendetwas stimmt jetzt gerade nicht. Du weißt zwar noch nicht was, aber als Profi der nonverbalen Kommunikation bist du jetzt natürlich wachsam.

Mir fällt dabei eine Grundannahme der Themenzentrierten Interaktion ein. Die TZI ist ein Konzept zur Arbeit in Gruppen von Ruth Cohn. Ruth Cohn sagt: Störungen haben Vorrang. Und das kannst du auch ein zu eins für diese Situation übernehmen. Du hast eine Störung bemerkt und die musst du jetzt adressieren. Das machst du am geschicktesten, indem du deine Beobachtung einfach zurückspiegelst. Du sagst z.B.

„Ich sehe, Sie sind nicht ganz einverstanden?“ oder „Wenn ich es richtig sehe, haben Sie noch Zweifel. Darf ich fragen, was Sie beschäftigt?“

Jetzt denkst du vielleicht, ist das alles. Ja, das ist alles. Aber, wie immer bei einfachen Sachen, gilt: kleine Ursache – große Wirkung. Denn was passiert denn, wenn du die Störung nicht aktiv angehst? Die Gedanken deines Kunden sind dann ja nicht weg. Wenn in deinem Auto die Ölwarnlampe aufleuchtet und du sie einfach ignorierst, ist das Problem ja trotzdem noch da. Und es wird mit jedem Kilometer wertvoller, d.h. größer. Und genauso ist das mit der Störung im Kopf deines Kunden, die wird auch immer wertvoller, bzw. größer, denn er denkt ja immer weiter daran. Also, denk dran: Störungen haben Vorrang.

In der Praxis reagieren wir nämlich häufig genau anders herum, wir versuchen die Störung weg zu quatschen, indem wir vielleicht schneller oder eindringlicher reden. Gleichzeitig verunsichert uns aber die Mimik des Kunden, und durch weiterreden wird es nicht besser. Deswegen reagiere auf solche non-verbale Stop-Signale umgehend mit einer Spiegelaussage.

 

Mikromimiken in der Verhandlung erkennen

Natürlich weisen uns Mikromimiken nicht nur auf Störungen hin. Stell dir mal vor, der Kunde fragt nach dem Preis deiner Dienstleistung oder deines Produkts und du nennst ihm den Preis. Jetzt fällt dir bei der Preisnennung die Mikromimik „Zuversicht“ auf. Ein Mundwinkel wir hochgezogen (schau dir das noch einmal im Video an). Dann weißt du, der Preis ist kein Problem. Egal was der Kunde sagt, du kennst sein wahres Gefühl.

Wahrnehmung gezielt trainieren

Wenn du jetzt damit anfängst, in Verkaufsgesprächen auf die Gesichtsbewegungen deines Kunden zu achten, kann es passieren, dass du am Anfang kaum etwas vom eigentlichen Inhalt der Unterhaltung mitbekommst. Das ist ganz normal, kein Grund sich zu schämen. Aber es bedeutet, dass du deine Wahrnehmung erst einmal in Situationen, die eher unwichtig sind, trainieren solltest. Z.b. wenn du nicht aktiv am Gespräch beteiligt bist oder wenn du Talkshows im Fernsehen anschaust. Wenn du das regelmäßig machst, baust du deine Wahrnehmungsfähigkeiten Stück für Stück aus.

Bei Stress verlieren wir unsere empathischen Fähigkeiten

Eigentlich sind wir von Natur aus gut darin, die Gefühle anderer zu lesen. Wir erkennen in der Regel treffsicher, wie sich unser Gegenüber fühlt. Dafür muss man jetzt nicht Psychologie studiert haben, das ist einfach bei uns so drin, das bekommen wir sozusagen als Werkseinstellung mit. Es sei denn du leidest unter dem Asperger-Syndrom, dann bist du blind und taub für die nicht-sprachliche Signale die dein Gegenüber aussendet.

Und interessant finde ich die Entdeckung, das wir alle ein bisschen Asperger-Syndrom in uns haben, nämlich immer dann wenn wir in einer Verhandlung oder einem Verkaufsgespräch unter Druck und Stress stehen.

Geraten wir unter Druck, werden wir nämlich vorübergehend blind für die Gefühle anderer. Wir erkennen nicht mehr treffsicher, wie sich unser Gegenüber fühlt, weil wir viel zu sehr mit uns selber beschäftigt sind. Dies gilt auch für Menschen, die unter normalen Bedingungen sehr empathisch sind.

Und genau da kommen die Erkenntnisse von Paul Ekman ins Spiel, denn durch das bewusste Wahrnehmen und mit etwas Training kannst du auch unter Stress deine Fähigkeit, die Gefühle anderer richtig einzuschätzen, bewahren und sogar ausbauen.

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